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 vergangene Höhepunkte:


Sommer 2001
Andreaskirche Erfurt

"Ihre Bilder sind beherrscht von einer raum- und zeitüberschreitenden Erinnerung. Sie greift weit zurück, und nach vorn, vereint Anfang und Ende und alles dazwischen, mahnt uns, nicht zu vergessen, woher wir kommen werden, und wo wir endeten." (Bernd Ulbrich)

ANTOINETTEs Ausstellung in der St. Andreaskirche war Teil des Projektes "Von Wegen Luther". Wie der große Reformator denkt die Künstlerin gern unkonventionell quer und geht die großen und kleinen Widrigkeiten des Lebens mutig an. "Vielleicht ist dies das eigentlich Irritierende an dieser Malerei: daß hier noch jemand, entgegen geläufigen Verlautbarungen, den Bildern zutraut, Botschaft von sich und der Wirklichkeit sein zu können."... (Peter Schubert)

ANTOINETTE (*1956) arbeitet sehr vielseitig. Großformatige Wand- und Bühnenbilder ergänzen ihr umfangreiches grafisches und malerisches Werk ebenso wie Mosaikfiguren und angewandte Entwürfe.

In der St. Andreaskirche zeigte Antoinette ihre lithographische Serie "Hohelied Salomo", das Triptychon "Tarot der Europa" und die "Herzdame" aus der Serie "Tarot der Europa".


Mit Unterstützung der Kulturdirektion Erfurt

 





 






Begleitend zur Ausstellung fanden die "Gespräche unter der Luthertafel" zu religionsgeschichtlichen und kunsthistorischen Themen statt. Die Luthertafel ist das Holzmodell, nach dem Luthers Grabplatte hergestellt wurde; sie wird in der Andreaskirche aufbewahrt.

 

 

 

 

 

 

 
aus DIE KIRCHE 27, 8.7.2001


Luther und Antoinette in Erfurt

Was passiert, wenn Luther, der Querdenker und Radikale, und moderne Kunst einander begegnen? Wie sieht die Auseinandersetzung aus und was ergibt sie, welchen Gewinn können Kunst und Kirche, Betrachter und Künstler daraus ziehen?
"VonWegen Luther" - unter diesem provozierenden Arbeitstitel hatte der Evangelische Kunstdienst Erfurt e.V. im Herbst 2000 ein Projekt ausgeschrieben, das sich in das Erfurter Lutherjahr 2001 "Wege zu Luther" einfügen und diese Fragen aufwerfen sollte.
Am Ende des verschlungenen Vorbereitungsweges steht nun die am 8.5. eröffnete Ausstellung der Berliner Malerin Antoinette, die noch bis zum 8.7. in der Erfurter Andreaskirche zu sehen ist. Vier großflächige, farbkräftige Acrylgemälde und ein Zyklus von Lithographien zum Hohelied Salomos stehen in reizvoller Spannung und zugleich rätselhafter Harmonie mit dem barock verfremdeten gotischen Kirchenraum. Besonders das Triptychon zur antiken Europa-Sage, angebracht an der Empore gegenüber dem Altar, mit diesem Auge in Auge, prägt den Raumeindruck auf irritierende Weise, indem es einerseits die Grautöne seiner Umgebung nachahmend glossiert und andererseits einen kernigen Wettstreit mit den heiligen Figuren des Altars und der "Luthertafel", dem Modell der Grabplatte Luthers, anfängt. Eine Antoinette in leuchtend rotem Kleid hat unter der Empore den Platz eines Amtsvorgängers der heutigen Andreas-Pfarrerin und stellvertretenden Kunstdienst-Vorsitzenden, Ruth-Elisabeth Schlemmer, eingenommen und begrüßt den Eintretenden mit fragendem Blick und zeigender Geste, abweisend und bergend zugleich, wach und in der Spiegelwelt träumend.
Dass Bilder heute wieder breit und laut erzählen dürfen, nachdem lange Zeit nur der gewisperten Metapher und verschlüsselter Symbolik Gültigkeit zugemessen wurde, dass Malerei wieder zeigen und berichten und fabulieren darf, vermerkte und begrüßte der Galerist Jörk Rothamel beim Künstlergespräch mit Antoinette am 1. Juni im Café Paul. Ein hochlebendiges Gespräch, mit dem die Beteiligten von den künstlerischen schnell auch zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen und sogar in die Tiefen theologischer Themen vordrangen. Der Bogen spannte sich von der alten Legende der Königstochter Europa bis zur politischen Vereinigung des nach ihr benannten Erdteils am Anfang des dritten Jahrtausends und von der Frage nach dem heutigen Blickwinkel der Kirche auf Sinnlichkeit und Körperlichkeit zurück zur Erschaffung Evas aus Adams Rippe. Dies alles in der Atmosphäre eines vielleicht nicht selbstverständlichen Übereinkommens: dass nämlich Kunst und Kirche einander zu ergänzen haben, weil auch Kunst - im besten Sinne prophetisch - über das Nenn- und Erkennbare hinaus in den Bereich des Religiösen hineinweist. Künstlerin und Teilnehmer dankten einander für die Impulse aus diesem Zusammentreffen.
Und was haben nun Luther und "vonWegen Luther" miteinander zu tun? Es sind keine Auftragswerke, die Antoinette zeigt, keine dekorativen Illustrationen eines vorgeschriebenen Anliegens. Es ist das Unkonventionelle und Ursprüngliche, die Kühnheit und Einfachheit von Gedanken und Sprache, das Visionäre und Bodenständige im Denken Luthers, das seither unser Bewusstsein prägt und auch in Antoinettes Werk eine Bündelung und Widerspiegelung erfährt. Eine zeitgemäße. So modern ist lutherisches Denken.

Stefan Börner

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